Birgit Vanderbeke Die Frau mit dem Hund

Diesmal wagt sich die Autorin in eine soziale und poliotische Utopie. Sie entwirft eine geteilte Welt, in der die einen drin sind im vermeintlich geschützten und wohl versorgten Innenbereich und die anderen draußen, in einer Welt, die verlassen wurde und in der nun die Ausgeschlossenen ein Leben gestalten fern ab von jeglicher sozialer Versorgung. Aus dieser Welt gerät eine schwangere Frau mit ihrem Hund in den sogenannten siebten Bezirk. Und weil die Menschen, die sie trifft, noch eine vage Erinnerung an praktizierte Mitmenschlichkeit haben, wird sie aufgenommen in eine Welt der Vollversorgung mit permanenter Ablenkungsunterhaltung.

Diese Idee könnte einen guten Erzählkern abgeben, aber mit der Ausgestaltung kann die Autorin, die ich sehr schätze, mich diesmal nicht überzeugen. Zu fahrig sind die Striche, mit denen sie die gegensätzlichen Welten entwirft, sie dienen nur als Staffage für die Idee. Und so wird keine zwingende, sondern eher ärgerliche Geschichte daraus, als hätte sich die Autorin immer wieder gefragt, welche Einwände es gegen den Realismus ihrer Geschichte noch geben könnte und schnell ein paar Erklärungen hinterher geschoben. So bleibt die Genese der Doppelwelt völlig im Unklaren, noch werden die Machtverhältnisse auch nur angedeutet.

…Krieg ist immer gegen die anderen, hatte sie gesagt, aber das hier, das geht gegen die eigenen Leute. Polas Großeltern waren aus Portugal weggegangen, als es dort anfing, gegen die eigenen Leute zu gehen, sie waren in die Bergarbeitersiedlung Neu-Camen gezogen, in der auf der einen Seite der Straße die polnischen Arbeiter und ihre Familien wohnten und auf der anderen Seite die Portugiesen … Polas Eltern waren weggegangen, als es in Klein-Camen anfing, gegen die eigenen Leute zu gehen.

Das ist eher ein Märchenton, der auch anklingt, wenn berichtet wird, dass sich die Leute „im siebten Distrikt gut aufgehoben fühlten, es war ein ruhiges und friedliches Leben.“
Zum Glück gebricht es der Autorin nicht an Humor, so dass die Lektüre dann doch noch bis zum märchenhaft versöhnlichen Ende.

27. April 2014