Sandor Marai: Die Schwester

Eine Leidensgeschichte

Viele Romane dieses Autors haben mich schon begeistert. Warum nicht auch dieser? So dachte ich, als ich ihn nach Hause trug

Erzählt wird innerhalb einer kleinen Rahmenhandlung die Geschichte einer Krankheit und einer Liebe. Als die Liebesbeziehung endet, beginnt die Krankheit, die den Ich-Erzähler, einen berühmten Pianisten, in einem italienischen Krankenhaus einkerkert. 200 Seiten lang erfahren wir von jeder Einzelheit des körperlichen und seelischen Leidens und es ist die Sprachmagie Marais, die jeder kleinsten Einzelheit und Veränderung in ihren mäandernden Sätzen nachspüren kann.

Dieses Leiden ist erschreckend, aber der Roman hat mich aus einem anderen Grund traurig gemacht. In vielen seiner anderen Romane stellt Marai seine Protagonisten in eine großbürgerliche Gesellschaft und lässt diese lebendig werden. Hier aber, in der Isolation eines Krankenzimmers, scheint ihm die Welt abhanden gekommen zu sein. Wahrscheinlich hat das damit zu tun, dass dieser Roman 1946 erschienen ist, also in einer Zeit geschrieben wurde, als Marais ungarische Heimat zerstört wurde und ihm keine Zukunft mehr bot. Es bleibt nur noch die Konzentration auf das Ich und seine Isolation.

25.11.2012