Christoph Poschenrieder: Das Sandkorn

Auch hier gibt es wieder zwei Erzählstränge wie im '‚Spiegelkasten'. Zum einen wird die Geschichte eines Kunsthistorikers erzählt, zum anderen lesen wir aus den Aufzeichnungen eines Kriminalkommissars, der das Erpresserdezernat im Berliner Polizeipräsidium leitet.

Zunächst begegnen wir einem Mann 1915 in Berlin bei einer wunderlichen Tätigkeit: er streut Sand aus kleinen Beuteln an vielen Stellen in den Berliner Sand. Sein Treiben führt schließlich dazu, dass er sich bald auf der Polizeiwache wiederfindet. In langen Rückblicken wird seine Geschichte erzählt. Er ist Kunsthistoriker und hat in Italien gearbeitet, wo er die architektonischen Hinterlassenschaften der Staufer auf Wunsch von Wilhelm II. untersucht. Allmählich wird klar, dass er homosexuell ist. Damit steht er unter einem Generalverdacht sowohl für die Behörden wie auch für die Öffentlichkeit, denn der Paragraph 175 stellt die männliche Homosexualität unter Strafe.

Die Arbeit und die Liebe sind die beiden Erzählstränge, die eingewoben werden das Zeitbild Italiens und Deutschlands zu Beginn des ersten Weltkrieges. Eher nebenbei macht die Hauptfigur dabei die Entdeckung, dass unter einem Mikroskop sich die Herkunft von Sand genau bestimmen lässt. Das ist wichtig für die Arbeit des Kunstgeschichtlers und es lässt sich auch für kriminalistische Zwecke einsetzen. Und so ist es ein Sandkorn, das die Hauptfigur eine erniedrigende Selbsterfahrung machen lässt.

Wie schade, dass es jetzt erst einmal keine weiteren Romane dieses Autors zu entdecken gibt.

19.07.2014