Martin Suter: Allmen und die Libellen

Zahnarztlektüre

Wenn man auf dem Weg zum Zahnarzt ist, kann man gerade noch in den Buchladen schlüpfen und ein kleines Buch erstehen, das die Wartezeit verkürzen kann. Da schien das Lesevergnügen vorprogrammiert, habe ich doch die Gerry Weibel-Geschichten immer sehr genossen und für den Soziologie-Unterricht mehr als einmal eingesetzt. Auch „Der letzte Weynfeldt“ oder „Der Koch“ waren erfrischende Lektüren. Aber diesmal herrschte doch eher Enttäuschung vor. Die Hauptfigur, Hans Fritz von Allmen genannt Johann Friedrich von Allmen, ist auf eine mir unangenehme Art oberflächlichem Luxus verfallen. Seine Tage füllt er damit aus, überall da hohe Trinkgelder zu verteilen, wo er Schulden hat und ansonsten eine bella figura zu machen. Klavier spielt er schludrig und Bücher liest er nur um zu ergründen, warum der Autor wohl meinte es schreiben zu müssen. Die Zufallsbekanntschaft mit der älteren Tochter aus sehr reichem Hause verführt ihn dazu, erst eine, dann gleich sechs Jugendstil-Schalen zu klauen, um damit seine klammen pekuniären Verhältnisse aufzubessern. Da diese Vasen als gestohlen und verschollen gelten, kann er sie nicht verkaufen und mit Unterstützung seines ergebenen guatemaltekischen Dieners gelingt es ihm, nicht nur die Vasen dem Dieb wieder zu verkaufen, sondern diesen auch der Polizei anheimzugeben und die Versicherungssumme zu kassieren, die auf die Wiederbeschaffung der Schalen ausgesetzt war. Damit ist Hans Fritz zum ersten Mal in seinem Leben ein eigenständiger Gelderwerb gelungen und nun plant er, die Wiederbeschaffung verschwundener Schätze zu seinem Beruf zu machen. Mit anderen Worten: es sind Fortsetzungserzählungen geplant, wie der Verlag verlauten lässt.

Die Konstruktion der Geschichte hält einer näheren Beleuchtung kaum stand. Da sind jede Menge Ungereimtheiten, die ärgerlich sind. Deswegen wird es für mich keine Fortsetzung der Erwerbsarbeit von Hans Fritz geben. Nicht zuletzt, weil der Preis (18,90 )für ein solches Diogenes Bändchen viel zu hoch ist.

03.02.2011