Katja Kullmann: Echtleben

Und dann war da noch ein sogenanntes Sachbuch.

So richtig klargeworden ist mir ja nicht, was die Autorin eigentlich will. Geschildert wird der Weg durch das soziale Gestrüpp zwischen gutem Verdienst und Hartz IV, immer mit dem Impetus: alles selbst erlebt und erlitten und dabei nicht untergegangen. Sie hat eine wirklich flotte Schreibe, mit der sie durch alles durchhechtet, was die Feuilletons der letzten Jahre so herausgewürgt haben. Aber ich wünsche mir, dass sie nicht jedes notwendige und mögliche Nachdenken durch freche Formulierungen erschlägt. Es ist vieles richtig, was sie schreibt, wobei ich gelegentlich den Eindruck habe, sie sitze brav am Schreibtisch und formuliere Beck auf ‘individuell erlebt’ um und würze mit einer Prise Bourdieu.

Und wenn sie in ihrem ‘Dank’ dann schreibt:

Keine der erzählten Personen, auch nicht das ‘Ich’ gibt es wirklich – und doch existieren sie alle.

schreibt sie Fiktion und weil sie sich nicht wirklich eine Geschichte oder gar einen Roman ausdenken kann, versammelt sie ihre subjektiven Erfahrungen als bunte Reihe von scheinbar authentischen Erlebnissen. Das ist steckengebliebene Literatur.

18.03.2012